Nach vielen Jahren bester Dienste war es an der Zeit meinen Nelson Pass Aleph 0s Endstufe durch eine neue zu ersetzen. Meine lange geplante Wahl fiel auf den Eversolo F10. Ein wunderbarer Riese.
Verpackung als Indikation für Großes.
Schon das Auspacken der großen Eversolo Endstufe war ein Erlebnis. Der braune Überkarton enthält einen schwarzen noblen Innenkarton, der wiederum dick gefüllt ist mit den Kunststoffstoßdämpfern. Immerhin 18 kg gilt es heraus zu wuchten, die aber – auch eine Vorahnung – durch feinstes schwarzes Tuch noch einmal geschont werden .

Zu guter letzt steht er dann am Teppich bei mir in seiner ganzen Pracht.
Die schlichte Front trägt ausser zwei kleinen VU-Metern nur einen Standby-Knopf . Thats it. The beauty is inside.
Aber kommen wir zuerst noch zum Entscheidungspfad. Als Besitzer eines Class A Verstärkers war ich schon bisher sehr verwöhnt. Eigentlich unfassbar wie gut Nelson Pass bereits vor mehr als 40 Jahren den Aleph 0s gebaut hatte. Trotzdem fehlte mir hin und wieder ein bißchen Power , denn 40 Watt an 8 Ohm haben den Bass nicht immer fest im Griff. Andererseits habe ich nicht nur beim Test des Superzwerges von Douk , der ja fast 300 Watt abliefern kann, den Eindruck dass Class D ein wenig an freiem Atem fehlt, zu viel Kontrolle am Werk ist . Auch in München waren die Highlights ( zB der neue Integrierte von Moon Audio) allesamt A oder AB Kategorie. Daher habe ich einige Zeit mit den Monoblöcken von Singxer geliebäugelt, aber „der große“ Eversolo war dann eben das Objekt der Begierde, denn so oft kaufe ich mir keinen Endverstärker mehr.
Mit dem A8 von Eversolo verfüge ich ja bereits über beste Erfahrung mit der Firma, die solide Ausführung, vor allem aber der „überlegte“ neutrale Klang der Komponenten hat es mir angetan.
Wie kommt es zum Titel?
Im Jahr 1991 hatte ich das aussergewöhnliche Vergnügen in Wien an einem Sumo Wettkampfereignis teilzunehmen. Wer diesen Sport nur aus Eurosport-Zusammenschnitten kennt, hat nicht viel Ahnung von der eigentlichen Schönheit. Auch wenn der Kampf manchmal nur Sekunden dauert, die „Vorbereitungen“ , der mentale Anlauf und das Zusammenkommen schierer Kraft mit unfassbarer Geschwindigkeit und Technik machen die Faszination aus. Immer im Gedächtnis bleibt mir aber der damalige Champion Musashimaru , mit über 1.90 m Größe und etwa 240 kg Gewicht war er gleichzeitig geballte Power, war aber bei der Einführung zu zwei kleinen Sprößlingen aus dem Publikum auch zu Tränen rührend zärtlich . Daran hat mich der erste Tag mit dem F10 erinnert.

Genauigkeit und Anpassungsfähigkeit.

Der F10 klingt zuerst einmal genau. Mühelos kräftig. Gnadenlos fett wenns sein soll, aber auch zart und durchsichtig bei anderen Eingangssignalen. Seine 2 mal 350 Watt in Dual Mono Bauweise sind von überragender Klarheit und Präzision. Gleichzeitig stattfindende Klangteppiche großer Orchester können mühelos einzeln verfolgt werden, die multiplen Layer moderner Popmusik a la James Blake oder Charlie XCX werden aufgefächert wie es der alte Aleph 0s nicht in der Präzision konnte. Wer nun glaubt man müsste volles Rohr spielen um dem F10 Freude zu entlocken liegt völlig falsch. Auch zarter Beginn wie das Vorspiel zu Lohengrin leuchtet feenhaft aus dem Nichts empor. Die inneren Harmonien sind nachverfolgbar in Ihren Entwicklungen beim Ausschwingen, wie es schöner nicht sein könnte .
Kann ein Verstärker adaptiv sein?
Spielt man zB Frankie goes to Hollywood , meint man mit dem F10 eine Discoendstufe der großen Art zu hören. Andererseits kann zB bei „Blackbird“ von Patricia Barber ein Hauch von Jazzclub wahrgenommen werden, das man so eher von Cayins Röhren vermutet. Aber der Bass ist auch in tiefer Region durchhörbar. Das neue Album der Strottern gemeinsam mit der Jazzwerkstatt zeigt gleichzeitig satte Bläser, aber auch luftige leise Stimme. Und Amapiano Sound mit durchgetaktetem Tiefbass klingt als wäre die Spezialität des F10 Bassmonster zu repräsentieren. Der „Spezialsound“ zu Beginn von Hans Zimmers DUNE2 Soundtrack steht frei im Raum und beeindruckt die Umgebung und Wiedergabe der Hintergrundmusik keineswegs, alles ist klar und sauber getrennt und doch miteinander konzis. Diese und ähnliche Eigenschaften kosten normalerweise weit über 5000.- € , bei Eversolo nicht einmal die Hälfte.
Achtung vor der Ehrlichkeit
Einwichtiger Hinweis noch, der für alle Proben neuer Verstärker, Lautsprecher und sonstiger Komponenten gilt. Hervorragende Komponenten wie der F10 bilden ab, was eingespeist wird. So waren meine RCA Kabeln zB. ausgelegt, den weichen Aleph 0s etwas silbriger tönen zu lassen. Für den F10 zu viel des „Guten“ . Nur wenn die Kabel vorher und nachher auch richtig harmonieren, kommt man zum bestmöglichen Ergebnis. Die Beleuchtung der VU Meter haben schon Kollegen als zu viel des Guten moniert, hoffe da geht noch was in Zukunft. Und klarerweise braucht auch ein F10 ein paar Wochen Einspielzeit, die ich ihm gerne gebe, bevor ich endgültig festlege ob RCA oder XLR am Eingang, Duelund, Audioquest oder Selbstbau am Ausgang zur Krönung führen. Aber schon jetzt trifft mich der Klang meiner neuen Eversolo Endstufe mitten ins Herz.
